Mit Witzen ist das so eine Sache. Vor noch gar nicht so langer Zeit haben wir noch über Blondinen, Ostfriesen und Klein Erna gelacht, mittlerweile füllt Markus Krebs mit Flachwitzen große Hallen. Wer aber lacht über wen? Gibt es Unterschiede in Sachen Niveau und Witze über Randgruppen, liegen die Humorzentren von Männern und Frauen weit auseinander und fühlt sich ein Geschlecht vielleicht sogar gesellschaftlich bedroht? Eine aktuelle Studie der Unis Würzburg und Kaiserslautern-Landau bringt Licht in das Dunkel des Humors unseres Landes.
Sind wir mal ehrlich, uns Kerle freut es doch diebisch, wenn wir einen neuen Chuck Norris Witz erzählt bekommen oder uns über die Unzulänglichkeiten blonder Frauen amüsieren dürfen. Verständlicherweise finden die Damen diese Art von Unterhaltung deutlich weniger witzig, Zoten treffen beim betroffenen Geschlecht nicht immer ins Schwarze. Klar, Witze mit dem Tenor „typisch Mann“ sind für uns männliche Best Ager auch oft nur mäßig lustig. Oder nicht?
Witze über Männer
Was genau passiert, wenn Männer zum Ziel von Spott und Hohn werden, das wollte die Psychologin Dr. Silvana Weber gemeinsam mit Dr. Sven Kachel von der Universität Kaiserslautern-Landau herausfinden. Weber ist seit April 2017 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kommunikationspsychologie und Neue Medien der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. In dieser Funktion befasst sie sich seit Jahren mit der medialen Repräsentation von Gender und Diversity sowie den Auswirkungen medialer Kommunikation von Stereotypen. Somit passte ihre Studie über Humor und Witze recht genau in ihr Forschungsgebiet.
Bedrohen Witze unsere Männlichkeit?
Wie aber erforscht man die unterschiedlichen Reaktionen der Geschlechter auf eine Vielzahl von Witzen? Ganz einfach, man holt die besten oder auch flachsten Kalauer aus der Schublade, haut einen nach dem anderen im Fips Asmussen Style heraus und checkt die Reaktionen. Und so hat Psychologin Dr. Silvana Weber für diese Studie in einer Reihe von Experimenten Männer und Frauen verschiedene Gags anhören lassen und anschließend deren Reaktionen erfasst.
„Uns hat vor allem interessiert, ob männerverachtende Witze eine Bedrohung der Männlichkeit hervorrufen können“, erklärt Weber. Was aber meint sie mit der Bedrohung der Männlichkeit? Es gibt die Theorie der prekären oder fragilen Männlichkeit. Die besagt, dass Männer sich ihre Männlichkeit zuerst hart erarbeiten müssen und danach ständig befürchten, diese wieder zu verlieren oder sie zumindest verletzten zu lassen. Eine Folge ist, dass die Männlichkeit ständig unter Beweis gestellt werden muss.
Bei den Wirkungen der Kalauer über Männer scheint dieser Schluss jedoch nicht zuzutreffen: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass zwar frauenverachtende Witze von Frauen als Bedrohung empfunden werden, insbesondere wenn sie von einem männlichen Sprecher erzählt werden“, sagt die Psychologin. Bei den Männern zeige sich dieser Effekt allerdings nicht. Und das ändert sich auch nicht, wenn der Witz von einer Frau erzählt werde.
„Offensichtlich stellen männerverachtende Witze für Männer keine Bedrohung dar, unabhängig davon, wer sie erzählt“
Dr. Silvana Weber
Woran könnte das liegen? Eine Ursache könnte sein, dass Männer prinzipiell einen höheren Status und größere Macht in der Gesellschaft besitzen und sich deshalb von einem Witz nicht in ihrem Status bedroht sehen.
Ablauf der Witze-Studie
An dieser Studie hätte ich auch wirklich gern teilgenommen, denn die Proband:innen bekamen insgesamt 20 verschiedene Witze zu hören. Diese ließen sich fünf Kategorien zuordnen:
- Neutrale Scherze wie etwa: „Wie bekommt man einen Elefanten in einen Kühlschrank? Kühlschranktür auf, Elefant rein, Kühlschranktür zu.“
- Männerverachtende Witze, die sich auf männliche Stereotype beziehen: „Warum jammern kleine Jungs rum? Sie bereiten sich schon mal auf das Mann-Sein vor.“
- Männerverachtende Gags ohne Bezug auf männliche Stereotype: „Wie nennt man einen Mann mit nur einer Gehirnhälfte? Hochbegabt.“
- Frauen verunglimpfende Witze mit Bezug auf weibliche Stereotype: „Warum ist es eine schlechte Idee, Siri danach zu fragen, was Frauen eigentlich wollen? Weil sie schon seit zwei Tagen ununterbrochen redet.“
- Frauenverachtende Witze ohne Bezug auf weibliche Stereotype, wie etwa: „Wie nennt man eine Frau mit einer eigenen Meinung? Im Irrtum.“
Da es auch relevant ist, wer die Witze erzählt, wurden diese Kalauer von jeweils sechs semiprofessionellen Sprecherinnen und Sprechern vorgetragen. Im Tonstudio des Dr. Herbert Brause-Medienkompetenzzentrum der Universität Würzburg wurden die Aufnahmen gemacht und so bearbeitet, dass sich die Witze nur in einem Faktor unterschieden: dem stimmlichen Geschlecht des Erzählenden.
Frauen finden Witze meist weniger lustig
In der ersten Runde mit 198 Teilnehmenden, 124 Männern und 74 Frauen, wurden den Probanden 20 Witze in zufälliger Reihenfolge vorgetragen. Aus jeder Kategorie gab es zwei Jokes von einer Sprecherin und zwei von einem Sprecher.
„Dabei wurde unsere Hypothese bestätigt, dass Frauen Witze im Allgemeinen weniger lustig finden als Männer“
Dr. Silvana Weber
Und es wurde noch etwas deutlich: Frauen finden weiblich-abwertende Witze deutlich unlustiger als männlich-abwertende oder neutrale Scherze. Bei Männern gibt es diese Unterschiede nicht. Darüber hinaus bewerten die weiblichen Studienteilnehmerinnen die frauendiskriminierenden Witze auch noch diskriminierender, wenn sie von einem Mann erzählt werden. Auch hier gibt es demgegenüber bei den Männern keine signifikanten Unterschiede.
Männer lachen anders als Frauen
Die Studie wollte aber gerade mit den Männern noch tiefer einsteigen in den Humor-Kosmos, daher gab es noch eine zweite Runde mit 226 ausschließlich männlichen Teilnehmern. In diesem Versuch wollte Dr. Silvana Weber mit ihrem Team herausfinden, ob männerverachtende Scherze bei den Probanden die Sorge und das Gefühl provozieren, ihre Männlichkeit bedroht zu sehen und sie dazu zu bringen, diese wieder herzustellen. „Eine unserer Hypothesen war, dass Männer in diesem Fall stärkere Abwertungstendenzen und mehr Wut zeigen würden, wenn die Witze von einer Frau erzählt werden“, so die Psychologin.
Aber auch hier bestätigten sich diese Annahmen in dem Versuchsaufbau mit den Männern nicht. Denn weder der Witz selbst noch das Geschlecht des Vortragenden hatte einen Einfluss auf die Reaktion der Studienteilnehmer. „Das spricht dafür, dass Männer auf geschlechtsdiskriminierenden Humor nicht in gleicher Weise reagieren wie Frauen“.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Ergebnisse der Studie noch vorläufig. Geplant ist, diese bald als Publikation zu veröffentlichen. Dann sind auch noch weitere Studien geplant, um mögliche Bedrohungseffekte von geschlechterdiskriminierendem Humor bei Frauen und Männern näher zu untersuchen.
Titelbild © joey nicotra (Unsplash)
Eine interessante Studie, aber auch ein schwer zu objektivierendes Thema. Für mich hat Humor viel mit situativem Kontext zu tun. Ich würde sehr wahrscheinlich ganz anders auf einen Witz reagieren, wenn er mir von einem Kollegen während der Arbeit im Büro mal eben quer über den Tisch geflüstert wird, als wenn mir der selbe Joke abends in der Kneipe mit ordentlich was intus fröhlich lallend von einem Kumpel vorgetragen wird. Aber vielleicht wird dieser Ansatz ja bei der Fortsetzung der Studie berücksichtigt. Dann stelle ich mich gern als Proband zur Verfügung. 😜