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Künstliches Fleisch – Ältere sind kritischer als Jüngere

Das wir in Zukunft insbesondere tierische Produkte nicht mehr so konsumieren wie bisher, ist mittlerweile bei den meisten Menschen angekommen. Dem Billigfleisch wurde schon der Kampf angesagt. Aber Bio ist richtigerweise deutlich teurer. Wie sieht es aber mit Fleisch aus dem Labor aus? Wären Menschen bereit, sich das Steak aus dem Reagenzglas in die Pfanne oder auf den Grill zu packen? Das Markt- und Meinungsforschungsunternehmen Ipsos wollte es genau wissen und hat im März 2023 insgesamt 1.000 Menschen zwischen 18 bis 75 Jahren befragt. Hier ist das überraschende Ergebnis.

Unser Autor Carsten Gensing hatte schon über Grillzeit mit Clean Meat geschrieben. Seitdem hat die Forschung weiter an einer geschmacklich überzeugenden Lösung gebastelt. Wie aber sieht es mit der Bereitschaft der Bevölkerung aus, tatsächlich mal ein Stück künstliches Fleisch auszuprobieren? Da zeigen sich deutliche Unterschiede, insbesondere in Abhängigkeit des Alters.

Ein Drittel würde künstliches Fleisch probieren

Es ist davon auszugehen, dass sich das Fleisch aus dem Labor ähnlich verhält und schmeckt wie das tierische Vorbild. Daher kann die Ablehnung eigentlich nicht am Geschmack liegen. Laut Ipsos wäre mit 32 Prozent etwa ein Drittel der Deutschen bereit, künstliches Fleisch in den heimischen Speiseplan zu integrieren. Mit 29 Prozent ist gut ein weiteres Drittel noch unentschlossen. Aber für den größten Anteil von 39 Prozent kommt diese Option eher nicht oder auf keinen Fall in Frage.

Zu diesem Ergebnis kommt die repräsentative Studie von Ipsos in Kooperation mit der Beruflichen Schule für Medien und Kommunikation in Hamburg. Alle Befragten haben vor Abgabe ihrer Antworten einen Informationstext zu künstlichem Fleisch bekommen. Über alle Altersgruppen hinweg stehen deutsche Verbraucher dem künstlichem Fleisch, das im Labor auf Basis von tierischen Muskelzellen hergestellt wird und in Konsistenz und Geschmack nahezu identisch zu natürlichem Fleisch ist, relativ offen gegenüber. Aber es lohnt sich, genauer hinzugucken.

Studienergebnisse von Ipsos zur Akzeptanz von künstlichem Fleisch

Pros & Cons – Landwirtschaft und Tierleid

Um sich dem künstlichen Fleisch zu nähern, ist ein Umdenken erforderlich. Noch findet mit 56 Prozent mehr als jeder Zweite die Herstellung im Labor verwerflich oder mit 50 Prozent unethisch. Und noch massiver sind die Sympathien für die Landwirtschaft, den 79 Prozent der Bundesbürger mahnen die Folgen für die deutsche Landwirtschaft an.

Viele entdecken jedoch auch die positiven Aspekte bei dem Genuss von dem Fleisch aus dem Labor: 74 Prozent erkennen die Vorteile im Hinblick auf die Vermeidung von Tierleid, 63 Prozent erhoffen sich durch diesen Fortschritt eine nachhaltige Zukunft und 62 Prozent sehen Vorteile für den Klimaschutz. Offen für künstliches Fleisch sind sogar die 17 Prozent der Befragten, die vorher noch nie etwas davon gehört haben. Von ihnen sehen es mit 54 Prozent mehr als die Hälfte als innovativ und gute Alternative zu natürlichem Fleisch an.

Akzeptanz hängt auch vom Alter ab

Untersucht man die offenen Assoziationen zu künstlichem Fleisch, dann lässt sich ablesen, dass eine positive Einstellung nur bei den 30 bis 39-Jährigen überwiegt, während vor allem die Generation der Baby Boomer (60-75 Jahre) deutlich negativere Assoziationen hat. Und auch die Best Ager, also die Altersgruppe der 40 bis 59-Jährigen, müsste auf jeden Fall noch weiter überzeugt werden.

Gerade die befragten Verbraucher im mittleren Alter, also aus der Altersgruppe 30-39 Jahre, halten künstliches Fleisch überdurchschnittlich oft für eine gute tierfreundliche Alternative (81%) und verstehen es als wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft (78%). Und noch etwas wird deutlich: Insbesondere die Befragten mit Kindern stehen künstlichem Fleisch deutlich aufgeschlossener gegenüber als der Rest der Bevölkerung. In der Gruppe der Eltern ist mit 46 Prozent fast jeder Zweite bereit für den Konsum gegenüber nur 32 Prozent im gesamten Durchschnitt.
 

Ipsos PI Clean Meat Pro Contra

Auch Fleischesser sehen Laborfleisch positiv

Entgegen der Annahme, dass Fleischesser an tierischen Produkten festhalten wollen, zeigen 42 Prozent der Befragten, die angeben, sehr häufig Fleisch zu konsumieren, eine überdurchschnittlich hohe Bereitschaft, künstliches Fleisch in ihren Speiseplan aufzunehmen. Mit 66 Prozent sehen zwei Drittel der Fleischesser in künstlichem Fleisch einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft. Damit liegt der Wert auf dem gleichen Niveau wie in der Gruppe derjenigen, die kein Fleisch konsumieren. Auch die Verbraucher, die bereits Fleischalternativen verwenden, stehen künstlichem Fleisch grundsätzlich positiver gegenüber als der Durchschnitt.

Ist Laborfleisch vegetarisch oder vegan?

Um Fleisch im Labor herzustellen, müssen einem lebenden Tier wie zum Beispiel einem Kalb zuerst einmal tierische Zellen entnommen werden. Daher ist das Laborfleisch bisher noch keine Alternative zum Fleisch für Vegetarier oder Veganer. Die Wissenschaft arbeitet jedoch bereits an Lösungen, um ein Wachstumsserum auf pflanzlicher Basis herzustellen. Somit ist die entscheidende Frage, durch welchen Prozess das Laborfleisch hergestellt wurde.

Auch die Informierten haben noch Fragen

Auf die Frage, ob jemand überhaupt schon von künstlichem Fleisch gehört hat, teilt sich die Gruppe in zwei Lager. Nur 51 Prozent der Befragten wusste schon vor der Studie, was es damit auf sich hat. Mit 31 Prozent hat sich ein knappes Drittel sogar schon intensiver mit dem Thema befasst. Für 17 Prozent war die Info, dass es so etwas gibt, zum Zeitpunkt der Befragung komplett neu.

Lassen wir den Informationsstand der Befragten mal außen vor, so wünschen sich acht von zehn Konsumenten (82%) mehr Infos zu künstlichem Fleisch. Das gilt auch für den Teil, der sich bereits damit beschäftigt hat (64%). Ähnlich viele (83%) sind der Meinung, es seien noch zu wenig Folgen auf die menschliche Gesundheit bekannt. Eine Mehrheit von 77 Prozent gibt zu bedenken, dass man nicht abschätzen kann, wie nachhaltig künstliches Fleisch wirklich ist.

Grundsätzlich macht die Umfrage Hoffnung. Denn sie zeigt eine Bereitschaft in der Bevölkerung, insbesondere aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Tierwohls offen für Alternativen zu sein. Und wer weiß, wenn erstmal die ersten marinierten Steaks aus dem Labor auf den Grills der Republik landen, lassen sich die Bundesbürger:innen ja vielleicht auch vom Geschmack überzeugen. Daher sollte es gerade auch bei den Best Agern auf jeden Fall einen Versuch wert sein. Wir werden die Entwicklung verfolgen und berichten.

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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