HomeREISEDie optimale Urlaubsstrategie für Best Ager: öfter kurz statt selten lang

Die optimale Urlaubsstrategie für Best Ager: öfter kurz statt selten lang

13 Tage. So lange dauerte der durchschnittliche Urlaub der Deutschen im Jahr 2024. Zwei Wochen Sonne, Berge oder Balkonien, das klingt erstmal nach einer vernünftigen Portion Auszeit. Doch der Erholungseffekt, den wir uns von solchen XXL-Pausen erhoffen, ist oft nur ein Strohfeuer. Für Männer im besten Alter, die häufig mitten im Arbeitsleben stehen, familiäre Verpflichtungen haben und den eigenen Energiehaushalt mit zunehmenden Jahren bewusster im Blick behalten, lohnt es sich, Urlaub neu zu denken.

Die Wissenschaft sagt nämlich: Kürzer und öfter ist die bessere Formel. Und sie hat gute Argumente im Gepäck.

Der große Urlaub – große Erwartungen, kleine Wirkung

Sommerurlaub bedeutet bei vielen Männern: zwei, vielleicht sogar drei Wochen am Stück raus. Die Mails bleiben unbeantwortet, das Handy im Flugmodus und auf dem Plan steht maximal: nichts tun, Städte erkunden, Sport treiben oder schlemmen. Kein Wunder, dass sich diese Routine eingebürgert hat. Endlich abschalten, auftanken und runterkommen. Das klingt nach der ultimativen Kur für Körper und Geist.

Doch leider bleibt der nachhaltige Effekt meist aus. „Der Erholungseffekt eines langen Urlaubs verpufft schon nach wenigen Tagen“, erklärt Prof. Dr. Nikolai Egold von der Hochschule Fresenius in Frankfurt. An der Psychology School der Hochschule untersucht er das Urlaubsverhalten der Deutschen und stößt dabei auf ein bemerkenswertes Paradox: Wir glauben, lange Auszeiten tun uns besonders gut. In Wahrheit verlieren sie schneller ihre Wirkung, als uns lieb ist.

Post-Holiday-Syndrom: Wenn der Alltag zurückschlägt

Jeder kennt das Gefühl: Kaum ist man zurück am Arbeitsplatz, wartet dort nicht nur ein überquellendes E-Mail-Postfach, sondern auch ein massiver Realitätsschock. Der Kontrast zwischen der erlebten Urlaubsidylle und dem gewohnten Trott wirkt wie ein Kälteschock auf die Seele.

Psychologen sprechen hier vom „Post-Holiday-Syndrom“ – ein Phänomen, das sich durch Gereiztheit, Traurigkeit, Antriebslosigkeit und sogar Schlafprobleme äußern kann. Statt tiefenentspannt zurückzukommen, fühlt man sich wie aus einem schönen Traum gerissen. Dazu kommt der Druck, Liegengebliebenes aufzuholen. Die Folge: Schon nach wenigen Tagen fühlt sich der Arbeitsalltag stressiger an als vor dem Urlaub.

Für Männer in der Lebensmitte ist das besonders kritisch. Wer beruflich viel Verantwortung trägt, sich privat um Familie, Eltern oder eigene Gesundheit kümmert, braucht keine Traumreise, die am Ende mehr belastet als befreit, sondern eine kluge Erholungsstrategie.

Kürzer reisen, öfter auftanken – der neue Urlaubstrend

Was also tun? Die Forschung liefert eine einfache, aber wirkungsvolle Lösung: mehrere kurze Urlaube pro Jahr statt eines großen. Diese Variante wirkt aus einem spannenden psychologischen Grund viel nachhaltiger: Antizipation.

„Zur effektiven Senkung des Stresslevels empfehlen sich mehrere kurze Urlaube pro Jahr. Dahinter steckt ein psychologisch wirksamer Mechanismus: die Antizipation“, sagt Professor Egold. Wer mehrere kleinere Auszeiten einplant, erlebt übers Jahr hinweg mehr Vorfreude. Und die ist messbar wirksam: Schon Wochen vor der Reise steigt das Wohlbefinden, weil wir uns aktiv mit der anstehenden Auszeit beschäftigen.

Statt einmal im Jahr alles auf eine Karte zu setzen, verteilt man die Regeneration gezielt über das Jahr. Der Effekt: mehr Energie, besseres Stressmanagement und längere Erholung ganz ohne lange Ausfallzeiten.

Welcher Urlaub passt zu welchem Erholungsziel?

Nicht jeder Kurztrip muss in die Ferne führen, entscheidend ist die Art der Erholung. Je nach persönlichem Bedürfnis haben unterschiedliche Urlaubsformen verschiedene Vorteile. Hier ein paar Beispiele, wie Männer mittleren Alters ihre Reisezeit gezielt einsetzen können:

  • Aktivurlaub: Wandern, Radfahren oder Kajaktouren für alle, die sich über Bewegung erholen. Hilft beim Stressabbau, stärkt den Kreislauf und hebt die Stimmung. Besonders dann, wenn man viel sitzt im Alltag.
  • Wellness-Wochenenden: Perfekt für Paare oder Alleinreisende, die Entspannung suchen. Zwei Tage mit Sauna, Massage und gutem Essen reichen oft schon, um Körper und Geist spürbar zu resetten.
  • Städtetrips: Kultur, Kulinarik und neue Eindrücke für eine schnelle Dosis Tapetenwechsel. Gut für Männer, die Inspiration suchen und mit offenen Augen durch die Welt gehen.
  • Digital Detox im Grünen: Ein Wochenende ohne WLAN, dafür mit Lagerfeuer, Camper, Sternenhimmel und Ruhe. Hilft besonders dann, wenn der Alltag stark techniklastig ist.

Die gute Nachricht: Auch drei oder vier Tage reichen, um spürbar runterzukommen, wenn sie bewusst geplant und genutzt werden.

Kleine Rituale für große Wirkung

Was aber tun, damit der Erholungseffekt nicht sofort verpufft, wenn der Alltag zurückkehrt? Auch darauf hat Prof. Egold eine Antwort: „Ein Souvenir kann das Urlaubsgefühl ebenso wachhalten wie ein leckeres Rezept aus dem Urlaubsort. Solche Hinweisreize sind mit positiven Erinnerungen verknüpft, sie versetzen uns in gute Laune.“

Wer ein Urlaubsfoto als Handy-Hintergrund speichert oder sich einmal pro Woche das Risotto aus dem Toskana-Trip gönnt, verlängert das gute Gefühl über Wochen hinweg. Diese kleinen Anker im Alltag sorgen dafür, dass der Kopf nicht gleich wieder im Stressmodus landet. Eine Playlist mit den Urlaubssongs oder ein Duft, der an das Hotel erinnert, wirken ähnlich.

Die neue Urlaubsformel für Männer 45+

Je älter wir werden, desto bewusster gehen wir mit unserer Zeit und Energie um. Der Körper signalisiert früher, wenn er Pause braucht. Und auch die emotionale Belastbarkeit verändert sich. Wer mit 50+ regelmäßig leistungsfähig, gelassen und gesund bleiben möchte, darf das Thema Erholung nicht dem Zufall überlassen.

Die Faustregel der Zukunft lautet daher: Mehr Pausen, aber kürzer und möglichst aktiv gestalten. Wer es schafft, sich vier- bis sechsmal im Jahr für drei bis fünf Tage rauszunehmen, erreicht oft mehr für seine Lebensqualität als mit zwei Wochen Pauschalurlaub in der Hochsaison.

Fazit: Besser öfter mal raus als lange gar nicht

Die perfekte Dauer eines Urlaubs gibt es nicht, aber es gibt klügere Strategien, wie wir unsere freien Tage einsetzen. Für Best Ager lohnt es sich, den eigenen Urlaubsstil zu hinterfragen: Muss es wirklich jedes Jahr das große Sommerferien-Event sein, das Wochen im Voraus geblockt wird? Oder wäre ein flexibles Baukastensystem mit vielen kleinen Highlights nicht viel erholsamer?

Professor Egold bringt es auf den Punkt: „Schon das Planen macht glücklich.“ Und weil Männer ab 45 oft viel planen – im Job, in der Familie, beim Haus oder beim nächsten Arztbesuch – darf auch das Planen des eigenen Wohlbefindens endlich Priorität bekommen.
Denn wie heißt es so schön: Man lebt nicht, um zu arbeiten. Man arbeitet, um auch mal zu leben. Und das klappt in kleinen Dosen oft am besten.

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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