HomeSPASSMode & LifestyleVon wegen Wellness-Oase - Warum wir Männer die Dusche unterschätzen

Von wegen Wellness-Oase – Warum wir Männer die Dusche unterschätzen

Eine aktuelle hansgrohe-Studie mit über 1.000 Befragten offenbart: Wir Deutschen sind Effizienz-Duscher. Fast die Hälfte von uns erledigt die morgendliche Körperpflege pragmatisch in fünf bis acht Minuten. Rein, Wasser marsch, Seife, Shampoo, abspülen, raus. Mission accomplished. Besonders wir Männer haben das perfektioniert, denn während Frauen die Dusche signifikant häufiger zum Stressabbau nutzen, holen wir uns dort unseren Energie-Kick für den Tag. 15 Prozent der Männer gegenüber 10 Prozent der Frauen.

Klingt nach einem guten Deal, oder? Effizient, zweckmäßig, energiegeladen in den Tag starten. Doch wenn man genauer hinschaut, drängt sich eine Frage auf: Verschenken wir hier nicht täglich eine der wenigen ungestörten Momente, die uns noch bleiben?

Der letzte Rückzugsort in einer durchoptimierten Welt

Während die Welt da draußen immer vernetzter, lauter und fordernder wird, bleibt das Badezimmer einer der letzten Orte, an dem wir wirklich allein sind. Kein Smartphone, das vibriert. Keine E-Mails, die Aufmerksamkeit fordern. Keine gut gemeinten Ratschläge von Partnerin, Kindern oder Kollegen. Nur du, warmes Wasser und fünf bis acht Minuten Zeit. Die Studie zeigt: 22 Prozent der Deutschen sehen das Badezimmer als absolut privaten Bereich. Und das gemeinsame Duschen? Eine romantische Ausnahme, die 27 Prozent kategorisch ablehnen und weitere 24 Prozent schlicht zu eng finden. Deutschland duscht allein und das ist vielleicht gar nicht so verkehrt.

In einer Lebensphase, in der berufliche Verantwortung, familiäre Verpflichtungen und der eigene Anspruch an sich selbst quasi dauerpräsent sind, sind solche Momente Gold wert. Die Frage ist nur: Nutzen wir sie wirklich? Oder behandeln wir die Dusche nur als morgendliche Durchgangsstation auf dem Weg zum Tagwerk?

Energie tanken ist gut – aber ist es genug?

Die Zahlen sind eindeutig: Wir Männer nutzen die Dusche vor allem, um Energie zu tanken. Das ist nachvollziehbar, wenn man mit 50plus im Leben steht. Der Körper braucht morgens etwas länger, um auf Touren zu kommen. Die To-do-Liste ist voll. Also: Wasser auf, wach werden, loslegen. Funktioniert. Hat schon immer funktioniert.

Aber schauen wir uns mal die andere Seite der Medaille an: 17 Prozent der Frauen nutzen die Dusche gezielt zum Stressabbau, bei uns Männern sind es nur 12 Prozent. Fast 30 Prozent aller Befragten setzen die Dusche als bewussten Stimmungsaufheller ein. Insgesamt nutzen 60 Prozent der Deutschen die Dusche als emotionales Regulationsinstrument. Das ist keine Esoterik, sondern pragmatische Selbstfürsorge. Und genau hier liegt die spannende Frage: Haben wir Männer verlernt, die Dusche auch als Ort der emotionalen Regulation zu begreifen? Oder haben wir es nie gelernt?

Vielleicht liegt es daran, dass wir in einer Generation aufgewachsen sind, in der Effizienz und Durchhalten höher gewertet wurden als Innehalten und Reflektieren. Die Dusche war der Ort, an dem man sauber wurde und sich für den Tag rüstete. Fertig. Dass sie auch ein Ort sein könnte, an dem man Ballast abwirft, Anspannung löst oder einfach mal fünf Minuten bei sich selbst ist, das stand nicht im Handbuch der 70er, 80er und 90er Jahre.

Was wäre, wenn die Dusche mehr sein dürfte?

Stell dir vor, die Dusche wäre nicht nur der Ort, an dem du wach wirst, sondern auch der Ort, an dem du ankommen darfst. Nicht im esoterischen Sinne, sondern ganz praktisch: Ein Moment, in dem du nicht nur deinen Körper reinigst, sondern auch mental Ordnung schaffst. In dem du nicht nur Energie tankst, sondern auch loslässt, was nicht mehr zu dir gehört.

Die Studie zeigt, dass 23 Prozent der Deutschen die Dusche bereits zum Nachdenken und Meditieren nutzen. Ein Drittel verwandelt sie in eine private Konzertbühne, 32 Prozent hören Radio oder Musik. Das sind keine Zeitverschwendung oder Spielereien – das sind bewusste Rituale, die aus einer funktionalen Handlung einen bedeutsamen Moment machen.

Und genau hier liegt das Potenzial für uns Männer im besten Alter: Wir haben gelernt, effizient zu sein. Wir haben gelernt, Energie zu mobilisieren. Aber haben wir auch gelernt, uns selbst Raum zu geben? Die Dusche könnte dieser Raum sein. Nicht jeden Tag, nicht bei jedem Duschgang. Aber immer dann, wenn wir merken, dass die Effizienz allein nicht mehr reicht.

Neue Rituale für alte Hasen

Du musst nicht gleich zum Wellness-Guru werden oder unter der Dusche meditieren. Aber du könntest dir ein paar Fragen stellen: Wann hast du das letzte Mal unter der Dusche bewusst wahrgenommen, wie sich das warme Wasser auf deiner Haut anfühlt? Wann hast du dort das letzte Mal nicht an die nächste Besprechung gedacht, sondern einfach nur dagestanden? Wann hast du die Dusche das letzte Mal als das begriffen, was sie sein könnte: ein Ort, an dem du nicht funktionieren musst?

Die hansgrohe-Studie zeigt auch: Social-Media-Trends wie das berüchtigte „Duschbier“ finden in Deutschland kaum Anklang. 78 Prozent finden alkoholische Getränke unter der Dusche absurd. Gut so. Es geht nicht darum, Trends zu folgen, sondern darum, eigene Rituale zu entwickeln. Rituale, die zu dir passen. Zu deinem Leben. Zu deiner Art, mit Stress, Druck und den täglichen Herausforderungen umzugehen.

Vielleicht ist es die Playlist, die du nur unter der Dusche hörst. Vielleicht sind es die fünf Minuten, in denen du bewusst langsamer duschst, wenn die Woche besonders anstrengend war. Vielleicht ist es auch nur der Moment, in dem du dir selbst erlaubst, nicht schon wieder die mentale To-do-Liste durchzugehen.

Der unterschätzte Wandel

In unseren Jahren wissen wir: Vieles, was früher selbstverständlich war, funktioniert heute nicht mehr so wie damals. Der Körper braucht mehr Regeneration. Die Belastbarkeit ist eine andere. Die Prioritäten verschieben sich. Warum sollte das bei der Dusche anders sein?

Was mit 25 funktioniert hat – rein, raus, weiter geht’s – reicht mit 50plus vielleicht nicht mehr aus. Nicht, weil wir schwächer geworden sind, sondern weil wir klüger geworden sind. Wir wissen heute, dass Stress nicht einfach verschwindet, nur weil wir ihn ignorieren. Wir wissen, dass emotionale Gesundheit genauso wichtig ist wie körperliche Fitness. Und wir wissen, dass die kleinen Momente oft mehr bewirken als die großen Gesten.

Die Dusche ist so ein kleiner Moment. Fünf bis acht Minuten täglich. Das sind über 2.500 Minuten im Jahr. Mehr als 40 Stunden, die du allein mit dir selbst verbringst. Die Frage ist: Was machst du daraus?

Praktisch gedacht: Kleine Veränderungen, große Wirkung

Du musst dein Leben nicht umkrempeln. Aber du könntest morgen mal Folgendes ausprobieren: Stell dir einen Song in die Dusche, der dir gute Laune macht. Nicht nebenbei laufen lassen, sondern bewusst hören. Oder: Nimm dir am Ende der Dusche 30 Sekunden Zeit und stell das Wasser bewusst kühler. Nicht eiskalt, aber kühl genug, dass du es spürst. Das aktiviert nicht nur den Kreislauf, sondern zwingt dich auch dazu, präsent zu sein. Im Hier und Jetzt.

Oder versuch mal Folgendes: Wenn du unter der Dusche stehst und merkst, dass die Gedanken schon wieder beim nächsten Meeting sind, stell dir vor, das Wasser würde diese Gedanken mit abspülen. Klingt esoterisch? Ist es aber nicht. Es ist ein mentaler Trick, der dir hilft, den Moment bewusst zu nutzen, statt ihn nur abzuarbeiten.

Die Studie zeigt: Ein Viertel der Befragten würde das Wasser beim Einseifen abstellen, 20 Prozent würden eine Brause mit Durchflussbegrenzer nutzen. Das spart Geld und Ressourcen und es kann auch ein bewusstes Ritual sein. Nicht aus Pflichtgefühl, sondern weil es dir hilft, achtsamer mit dem Moment umzugehen.

Effizienz ist gut – Balance ist besser

Am Ende geht es nicht darum, die Effizienz aufzugeben. Wir werden auch weiterhin keine 20-minütigen Wellness-Sessions unter der Dusche zelebrieren. Dazu sind wir zu pragmatisch. Aber wir könnten die Dusche als das begreifen, was sie sein kann: Ein Ort, der beides ermöglicht. Energie tanken und loslassen. Wach werden und ankommen. Effizient sein und bei sich bleiben.

Die hansgrohe-Studie zeigt, dass die Deutschen resistent gegen Social-Media-Trends sind. Dass sie die Dusche als privaten Rückzugsort schätzen. Dass sie pragmatisch und traditionell bleiben. Das ist gut so. Aber vielleicht ist es auch an der Zeit, diese Tradition um eine neue Facette zu erweitern: Die Dusche nicht nur als Ort der Körperpflege zu sehen, sondern auch als Ort der Selbstfürsorge.

Nicht jeden Tag und nicht zwanghaft. Aber immer dann, wenn wir merken, dass das bloße Energie-Tanken nicht mehr ausreicht. Immer dann, wenn wir spüren, dass wir mehr brauchen als nur den Wachmacher-Kick. Immer dann, wenn wir uns selbst die Frage stellen: Was brauche ich gerade wirklich?

Die Antwort könnte manchmal lauten: Fünf Minuten unter der Dusche. Bewusst, präsent und ganz bei mir selbst. Nicht als Luxus, sondern als Notwendigkeit. Als das, was wir uns selbst schuldig sind in einer Welt, die viel von uns fordert, aber selten fragt, was wir eigentlich brauchen.


Quelle: hansgrohe-Duschstudie 2025, weitere Informationen unter https://www.hansgrohe.de/magazin/wohnen/dusch-umfrage

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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